von Maximillian Braun - 0 Kommentare

Am Dienstag, den 18. November 2025, um 20:45 Uhr MEZ, steht im Ernst-Happel-Stadion in Wien alles auf dem Spiel: Österreichs Nationalmannschaft trifft auf Bosnien und Herzegowina – ein Duell, das über die direkte WM-Qualifikation für die FIFA-Weltmeisterschaft 2026Nordamerika entscheidet. Österreich braucht mindestens ein Unentschieden, Bosnien muss gewinnen. Kein Spiel dieser Qualifikationsrunde ist so emotional aufgeladen – und keines so voller politischer und persönlicher Spannungen.

Personalsorgen und ein Kontroverse um einen Jungen aus Linz

Bosnien kommt nach Wien mit einer Mannschaft, die halb verletzt, halb verunsichert ist. Kapitän Sead Kolašinac (31) ist zwar wieder im Kader, doch der Ex-Arsenal-Verteidiger, der nach einer Kreuzbandriss-Operation gerade erst wieder trainiert, spielte im letzten Spiel gegen Rumänien nicht. Auch Verteidiger Amar Dedić fehlt, und mit Haris Hajradinović, Stjepan Radeljić und Adrian Leonić Barisić sind weitere Schlüsselspieler angeschlagen. Doch die größte Sensation ist Emir Karic (28). Der Linzer Linksverteidiger, der bei Sturm Graz spielt, hat im Jahr 2024 die bosnische Staatsbürgerschaft angenommen – und wollte eigentlich sein Debüt gegen Rumänien geben. Doch die Österreichischer Fußballbund (ÖFB) lieferte die Freigabeunterlagen zu spät. Sergej Barbarez, der bosnische Trainer und ehemaliger Nationalspieler, war wütend: "Das ist kein Fairplay. Es geht um einen Jungen, der nie A-Team-Spieler war." Die FIFA hatte die ÖFB explizit aufgefordert, rechtzeitig zu handeln. Die Dokumente kamen erst nach dem Spiel – und damit war Karic für Wien spielberechtigt. "Ich bin stolz, für das Land zu spielen, das ich liebe", sagte er. "Bosnien-Herzegowina ist das Land meiner Eltern. Österreich hat mir alles gegeben. Ich bin dankbar."

Österreichs Verletzungspech und Rangnicks Taktikspiel

Für Österreich ist die Situation nicht besser. Kapitän David Alaba (32), der in Madrid spielt und in Wien aufgewachsen ist, wird wohl nicht antreten. "Es wäre schön, wenn David spielen könnte, aber es ist im Moment nicht sehr realistisch. Er hat in diesem Lehrgang noch nie mit der Mannschaft trainiert", erklärte Ralf Rangnick (67). Stattdessen könnte Kevin Danso (26) von RC Lens in der Innenverteidigung starten. Rangnick hat aber auch taktische Überraschungen parat: Er setzte im letzten Spiel gegen Zypern Konrad Laimer (27) vom Bayern München als Linksverteidiger ein – eine ungewöhnliche, aber kluge Lösung. "Er hat bei den Bayern schon einige Male links gespielt, deswegen war es für mich schon die ganze Woche klar", sagte Rangnick. So konnte Xaver Schlager (28) von Wolfsburg, der an einer Wadenverletzung litt, 60 Minuten spielen. Auch Philipp Mwene (29) von Mainz 05 kehrt nach Sperre zurück. Und dann ist da noch Marko Arnautović (35), der Bologna-Stürmer: Rangnick sprach mit ihm persönlich: "Wenn du mit Energie vorangehst, hat das Auswirkungen auf die ganze Mannschaft. Dann verdienst du dir dadurch fast mehr Respekt, als wenn du Tore schießt."

Džeko – der letzte Riese, der noch träumt

Für Bosnien ist Edin Džeko (39) mehr als ein Stürmer. Er ist das Herz, die Seele, die Verbindung zu einer Generation, die 2014 zum ersten Mal seit der Unabhängigkeit bei einer WM spielte. Mit 72 Toren in 145 Länderspielen ist er der beste Torschütze der Nationengeschichte. Und er will noch einmal – noch einmal – die Weltmeisterschaft erleben. Unterstützt wird er von jungen Talenten wie Kerim Alajbegović (17), dem Stürmer aus Salzburg, und Esmir Bajraktarević (20), der PSV-Mittelfeldspieler, der gegen Rumänien ein Traumtor schoss. "Ich habe vor der Quali von diesem Moment geträumt, dass wir im November die Chance haben, uns direkt zu qualifizieren, und das ist passiert", sagt Barbarez. Die 3:1-Komback-Siege in Zenica haben den Glauben zurückgebracht – auch wenn die Reise nach Wien über eine verzögerte Flugverbindung führte.

Politik, Pünktlichkeit und die Frage der Fairness

Die Partie hat eine Dimension, die weit über den Sport hinausgeht. Laut Laola1.at werden "viele aus der heimischen Politik den Kracher gegen Bosnien nicht entgehen". Die ÖFB hat Fans aufgefordert, mit öffentlichen Verkehrsmitteln anzureisen – nicht nur wegen der erwarteten Menge, sondern auch, weil die Mannschaft nach ihrem Spiel gegen Zypern erst um 5 Uhr morgens in Wien eintraf, nach einer zweistündigen Verspätung in Paphos. Die ÖFB ist nicht nur mit der Karic-Affäre in die Kritik geraten – auch die Logistik wirkt chaotisch. Aber das ist nicht nur ein Problem der Organisation. Es ist ein Problem der Wertschätzung. Karic ist kein Fall von Verrat, sondern von Identität. Er ist ein Kind der Migration – und die Frage, wer für welches Land spielen darf, wird in Europa immer drängender. Die ÖFB hätte ihm die Chance geben müssen – nicht nur rechtlich, sondern moralisch.

Was kommt als Nächstes?

Falls Österreich gewinnt oder unentschieden spielt, ist die WM-Qualifikation perfekt. Dann geht es für Bosnien in die Playoffs – und die sind ein Glücksspiel. Verliert Österreich, dann wird es spannend: Die zweiten Plätze aller Gruppen werden verglichen. Österreich könnte dann doch noch über die Platzierung in der Nations League retten – aber nur, wenn andere Ergebnisse passen. Bosnien hingegen hat nur noch diesen einen Weg: Siegen. Und zwar in Wien. Der Druck ist enorm. Die Mannschaft ist nicht topfit. Aber sie hat einen Traum. Und einen Mann, der ihn noch einmal verwirklichen will: Džeko.

Frequently Asked Questions

Warum ist Emir Karic so umstritten?

Karic wurde in Linz geboren, spielte in Österreichs Jugendmannschaften und hat erst 2024 die bosnische Staatsbürgerschaft angenommen. Die ÖFB verweigerte ihm aus bürokratischen Gründen die Freigabe für das Spiel gegen Rumänien – obwohl FIFA dies verlangte. Sein Debüt fiel aus, doch nun darf er in Wien spielen. Seine Aussage, dass er stolz sei, für Bosnien zu spielen, zeigt, dass es nicht um Verrat, sondern um Identität geht.

Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass Österreich die WM erreicht?

Österreich braucht nur ein Unentschieden. Mit Heimvorteil, einem starken Mittelfeld und Rangnicks taktischer Flexibilität ist das realistisch. Doch Bosnien ist motivierter, und ein Sieg wäre nicht überraschend. Die Chancen stehen bei etwa 60:40 für Österreich, aber im Fußball zählt nur das Ergebnis – und nicht die Statistik.

Was bedeutet das Spiel für Edin Džekos Karriere?

Mit 39 Jahren ist Džeko der älteste Spieler im Kader und könnte sein letztes WM-Turnier spielen. Er hat 2014 mit Bosnien debütiert – und seitdem ist er der einzige Spieler, der in allen drei WM-Qualifikationen traf. Ein Einzug nach Nordamerika wäre sein letzter Traum. Kein anderer bosnischer Spieler hat so viele Tore für die Nationalmannschaft erzielt – und kaum einer hat so lange an der Spitze gehalten.

Warum spielt Ralf Rangnick Konrad Laimer links?

Rangnick nutzt Laimer als Linksverteidiger, weil er bei Bayern München schon mehrfach in dieser Position gespielt hat – und weil er mehr Laufkraft und Ballbesitzstärke bietet als ein klassischer Außenverteidiger. Das ermöglicht es Xaver Schlager, im Mittelfeld zu spielen, wo seine Erfahrung entscheidend ist. Es ist keine Notlösung, sondern eine strategische Entscheidung, die auf taktischer Vielseitigkeit basiert.

Wie wirkt sich die Verspätung der österreichischen Mannschaft aus?

Die Mannschaft kam erst um 5 Uhr morgens in Wien an – nach einer 18-stündigen Reise. Das beeinträchtigt die Vorbereitung, die Erholung und die mentale Konzentration. Normalerweise wäre das ein schwerer Nachteil. Doch Rangnick hat den Spielern ein klares Motto gegeben: "Wir spielen für uns, nicht für die Uhr." Die Disziplin könnte zum Vorteil werden.

Was passiert, wenn Bosnien verliert?

Dann müsste Bosnien in die Playoffs – und dort trifft es auf Teams wie die Schweiz, die Ukraine oder die Türkei. Die Chancen sind geringer, aber nicht ausgeschlossen. Doch die Enttäuschung wäre groß: Nach dem 3:1-Sieg gegen Rumänien glaubten viele, dass die WM endlich wieder möglich ist. Ein Ausfall in Wien wäre ein schwerer Rückschlag für eine Nation, die seit Jahren auf diesen Moment hofft.